„Meine Ziellinie ist nicht fix“

2016 holte sich Bastien Murith den Schweizer Junioren-Meistertitel im Skicross. Doch dann kam alles anders: Im Sommer 2018 macht der Freiburger einen Köpfler in den See, schlägt mit dem Kopf am Grund auf und sitzt seither im Rollstuhl. Ein Schicksal, an dem viele verzweifeln würden, doch Bastien hat es nur noch stärker gemacht. Heute arbeitet der 24-Jährige 50% für Swiss Ski – und 1000% daran, wieder auf die Beine zu kommen. Im wahrsten Sinn des Wortes.

Am 3. Mai ist Bastien als Botschafter am Wings for Life World Run in Zug mit dabei.

Bastien, wann hast Du das allererste Mal vom Wings For Life World Run gehört?

Das ist lang her. Ich fand den Anlass und vor allem den Gedanken dahinter immer genial, aber es kam halt immer etwas dazwischen – Wettkämpfe, Ferien, was immer. Zum ersten Mal dabei war ich letztes Jahr.

Und?

Es war grossartig! Ich hatte mir vorgenommen 5 Kilometer zu schaffen, 10 vielleicht. Dann wurden es 22. Ich war nudelfertig, physisch total leer, aber auch extrem glücklich. Vor allem, weil mich so viele Freunde unterstützt hatten.

Du hast einmal gesagt, Dein Leben sei heute besser als vor Deinem Unfall.

In vielem ist das tatsächlich so. Als Sportler gibt man alles, erreicht zwar Ziele, aber es dauert und es gibt immer wieder Rückschläge. Heute arbeite ich anders mit und an meinem Körper. Mein grosses Glück ist, dass mein Rückenmark nicht durchtrennt ist, sondern gequetscht. Das beutet, dass meine Verletzung grundsätzlich reversibel ist. Und ich erlebe jeden Tag Fortschritte.

Du arbeitest auch hart dafür.

Ich habe zweimal die Woche Physiotherapie, aber ich kann mein Training auch alleine machen, also jeden Tag. Ich bin eine Kämpfernatur, und ich weiss, dass ich meine Ziele erreichen kann. Wenn ich ein Zwischenziel erreicht habe, setze ich mir eine neue Ziellinie. Sie verschiebt sich immer weiter. Ich setze mir selbst keine Grenzen, sondern Ziele. Das Rennen ist erst gelaufen, wenn man nicht mehr lebt.

Hast Du eine Vorstellung davon, wie lang es dauern wird, bis Du wieder gehen kannst?

Am Anfang sagten mir die Ärzte, es würde Monate dauern. Inzwischen sind anderthalb Jahre vergangen seit dem Unfall. Aber ich war am Anfang vom Hals an abwärts gelähmt, heute spüre ich meine Füsse. Dann geht es halt ein wenig länger. Aber es geht vorwärts. Ich habe heute den Körper, den ich heute habe, und ich arbeite daran, dass es morgen ein gesünderer Körper ist. Morgen sehen wir dann wieder weiter.

Was würdest Du jemandem raten, der in einer ähnlichen Situation ist wie Du?

Ich würde sagen: Setz Dir keine Grenzen. Setz Dir Ziele. Glaub nicht an die Grenzen, die auf den ersten Blick da sind. Glaub nur an Deine Ziele.

Welches sind Deine Ziele beim Wings For Life Word Run dieses Jahr?

Ich habe mir vorgenommen, den Anlass in der Westschweiz bekannter zu machen. Es werden also viel mehr meiner Freunde dabei sein als letztes Jahr. Ob ich die 22 Kilometer knacken kann, weiss ich nicht – aber ich werde es auf jeden Fall versuchen.

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